Die Goldenen Zwanziger
Die Zeitspanne in der deutschen Geschichte, die mit dem Begriff "Goldene Zwanziger" bezeichnet wird, gehört nicht nur nach der Meinung von Historikern und Kulturanthropologen zu den interessantesten und kulturell fruchtbarsten Epochen der Weltgeschichte. Der Rahmen dieser Epoche kann ereignisgeschichtlich durch die Einführung der Rentenmark (15. 10. 1923), die die Inflation beendete, und den "Schwarzen Freitag" an der New Yorker Börse (25.10. 1929), der am Anfang der politisch verheerenden Weltwirtschaftskrise stand, markiert werden.

Im damaligen Lebensgefühl der Weimarer Republik waren die Jahre von Ende 1923 bis Ende 1929 eine Zeit der Hoffnung, die nach Weltkrieg, Nachkriegschaos und Inflation endlich, wenn auch unter Vorbehalt, die Chance zu bieten schien, Stabilität, Perspektive und Lebensfreude wieder gewinnen zu können.
Auf den diesem Index folgenden Seiten sollen vier Hauptbereiche skizziert werden, in denen das optimistische Zwanziger-Lebensgefühl, das einherging mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, besonders deutlich geworden sind: Politik, Mode, Kunst sowie durch neue mediale Möglichkeiten kommunizierte Kultur wie Film und Musik. Auf einer abschließenden Seite werden danach die Auswirkungen der Zeit umrissen.
Die Politik der Goldenen Zwanziger war zwar weiterhin von heftigen Konflikten der gegnerischen Lager geprägt, doch verloren Links- und Rechtsradikale zumindest zeitweise zugunsten von Sozialdemokratie, liberalen und gemäßigt-konservativen Kräften an Bedeutung. Der politische Diskurs verlagerte sich zum Teil von der Straße in die Parlamente und auf außenpolitischem Parkett gelang der Weimarer Republik die Rückgewinnung verlorengegangener internationaler Reputation.
Die Mode der Zeit, und hier in erster Linie die Frauenmode, spiegelte wohl am offenkundigsten und alltäglichsten mit ihrem Trend zu Aufbruch und Freiheit das allgemeine Lebensgefühl wider.
Zwischen 1923 und 1929 ragte Deutschland vor allem durch Produktionen seiner geradezu zum Synonym für die Metropolkultur der damaligen Gegenwart gewordenen Hauptstadt Berlin auf dem Gebieten "Kunst" sowie der massenkulturtauglichen Segmente "Film und Musik" heraus.
Der Begriff "Goldene Zwanziger", der mit dem Terminus "Roaring Twenties" eine vor allem im angelsächsischem Sprachraum vorherrschende, allerdings nur bedingt deckungsgleiche Entsprechung gefunden hatte, ist erst nach 1945 allgemein gebräuchlich geworden. Das "Goldensein" bezog und bezieht sich dabei in erster Linie weniger auf die Charakterisierung der ja lediglich relativen und oberflächlichen Stabilisierung der politischen Verhältnisse, sondern auf das Lebensgefühl und die Produktivität der großstädtischen "Weimarer Kultur".